Base Jumping - Extremsport zwischen Risiko und Faszination

Base Jumping, eine der extremsten Formen des Fallschirmspringens, fasziniert und schockiert gleichermaßen.

Das Akronym B.A.S.E steht für die englischen Begriffe der vier Kategorien von Absprungorten:

  • Buildings - Gebäude
  • Antennas - Radio Masten
  • Spans - Brücken
  • Earth - Felsen, Klippen und ähnliche Formationen

Im Gegensatz zum Skydiving, bei dem aus großen Höhen aus Flugzeugen gesprungen wird, erfolgen Base Jumps von deutlich niedrigeren, festen Objekten. Dies bringt spezielle Herausforderungen mit sich, da die Springer weniger Zeit haben, ihren Fallschirm zu öffnen und auf unvorhergesehene Situationen zu reagieren.

Geschichte und Entwicklung des Base Jumping

Base Jumping hat seine Wurzeln im klassischen Fallschirmspringen, entwickelte sich jedoch zu einer eigenständigen Disziplin mit ganz eigenen Herausforderungen. Dabei werden die Anfänge des Base Jumping mit dem Jahr 1978 in Verbindung gebracht, als Carl Boenish am El Capitan im Yosemite-Nationalpark sprang und dies filmisch dokumentierte.

Neben dem El Capitan im Yosemite National Park, wo das Base Jumping offiziell verboten ist, haben sich weitere Orte als Mekkas des Base Jumping etabliert.

  • Lauterbrunnen, Schweiz: Das “Tal, in dem die Menschen vom Himmel fallen” bietet mit seinen 900 Meter hohen Felswänden ideale Bedingungen für Base Jumper
  • Perrine Bridge, Idaho, USA: Die einzige Stelle in den USA, an der Base Jumping ohne Genehmigung ganzjährig erlaubt ist
  • New River Gorge Bridge, West Virginia, USA: Einmal jährlich am “Bridge Day” wird diese Brücke zum Mekka für Hunderte von Base Jumpern
  • Kjerag, Norwegen: Ein beliebter Sprungort mit einem beeindruckenden 984-Meter-Abgrund zum malerischen Lysefjord
  • Monte Brento, Italien: Ein legendärer Ort für Base Jumper am Gardasee mit spektakulären Felswänden
  • Burj Khalifa, Dubai: Das höchste Gebäude der Welt lockt Base Jumper trotz strenger Verbote
  • Troll Wall, Norwegen: Eine der höchsten Felswände Europas, die trotz Verbot immer noch Base Jumper anzieht

Wettbewerbe und Events

Mit der wachsenden Popularität des Sports entstanden auch spezielle Veranstaltungen. Die German Bridge Days in Deutschland und der Bridge Day an der New River Gorge Bridge in West Virginia, USA, sind Beispiele für Events, die Base Jumper aus aller Welt anziehen. Internationale Wettbewerbe wie Wingsuit Race und Target Landing haben die Szene um den Wettkampf Charakter erweitert und tragen zur Professionalisierung, insbesondere durch Sponsoring der Athleten bei.

Risiken beim Base Jumping

Base Jumping gilt nicht ohne Grund als eine der gefährlichsten Extremsportarten der Welt. Die vorhanden Risiken sind vielfältig und vor allem sind die Konsequenzen eines Fehlers oft nicht nur fatal, sondern tragischerweise auch immer wieder lethal.

Die häufigsten Unfallursachen beim Base Jumping sind fehlende oder zu späte Fallschirmöffnungen, Kollisionen mit Felswänden oder anderen Objekten sowie der Einfluss unvorhersehbarer Wetterbedingungen. Die geringe Sprunghöhe lässt oft keinen Spielraum für Korrekturen oder den Einsatz eines Reservefallschirms.

Dabei spielt der Faktor Mensch, im Gegensatz zum Fallschirmspringen, eine noch größere Rolle. Nicht nur das individuelle Können, sondern auch die Tagesform des Springers spielen eine maßgebliche Rolle bei der Vermeidung von Fehlern.

Erfreulicherweise zeigt sich in den letzten Jahren, trotz steigender Sprungzahlen, eine relative Abnahme der Unfallzahlen, was vermutlich auf verbesserte Ausrüstung und Trainingsmethoden zurückzuführen ist.

Hierbei, und dies wirft ein Licht auf die Zusammensetzung der Szene und deren Charaktere, ist insbesondere der Anteil der Unfälle bei erfahrenen Springern gestiegen, was vermutlich auf eine zunehmende Risikobereitschaft (und damit Selbstüberschätzung) bei wachsender Erfahrung hindeutet.

Gesetzliche Bestimmungen

In Deutschland und vielen anderen Ländern ist Base Jumping stark reguliert. Sprünge sind oft genehmigungspflichtig und unterliegen strengen Auflagen bezüglich Ausrüstung und Versicherung. Die rechtliche Situation variiert stark zwischen verschiedenen Ländern und sogar innerhalb einzelner Regionen, was für Springer eine zusätzliche Herausforderung darstellt.

Psychologische Aspekte des Base Jumping

Wie schon zuvor angedeutet ist die psychologische Komponente beim Base Jumping extrem relevant, sowohl für die Tauglichkeit beim Springen, als auch für die Frage nach dem “Wieso”. Nur wenige Menschen, und auch nur sehr wenige Fallschirmspringer, wagen überhaupt einen Base Jump. Ist es “einfach nur” die Suche nach dem ultimativen Adrenalinkick oder das ausloten und überschreiten persönlicher Grenzen?

Adrenalin und Nervenkitzel

Der freie Fall beim Base Jumping wird von vielen Springern als unbeschreibliches Erlebnis mit einem tiefen Gefühl der Freiheit beschrieben. Die Kombination aus extremer Geschwindigkeit, der Nähe zu festen Objekten und dem Bewusstsein der Gefahr(?) erzeugt einen explosiven Emotions- und Hormon Cocktail, weswegen viele Springer von einem Gefühl absoluter Präsenz und Klarheit während des Sprungs berichten.

Motivation und Lebensstil

Für viele Base Jumper ist ihr Sport mehr als nur ein Hobby – er ist ein Lebensstil. Die Szene ist wird mehrheitlich von jungen Männern geprägt, wobei die Suche nach immer neuen Herausforderungen und Extremsituationen oft den gesamten Alltag prägt. Dank einiger großer Medienkonzerne und zahlungskräftiger Sponsoren gibt es immer mehr hauptberufliche Extremsportler, die dank Social Media und ihrer (das muss man neidlos anerkennenden) wahnwitzigen Videos einen immer größeren Kreis an Zuschauern erreichen und somit ein steigendes Einkommen verzeichnen können.

Ein zentraler Aspekt der Psychologie des Base Jumping ist die Frage der Risikoakzeptanz. Base Jumper müssen sich, gegenüber Fallschirmspringern, noch stärker mit der Abwägung zwischen wahrgenommener Gefahr und dem Gefühl der Kontrolle auseinandersetzen. Base Jumper sind keine lebensmüden Adrenalinjunkies, wie es gerne überzeichnet dargestellt wird. Aber sind es freiheitsliebende Menschen, die ein intensives Leben führen wollen? Oder führt man diesen Sport gar nicht erst aus, wenn man eine eingebaute Gefahrensicherung verfügt?

Ich bin Motorradfahrer, Fallschirmspringer und Apnoe Taucher, aber dennoch würde ich niemals Base Jumpen, weil mir das Risiko zu groß ist. In meinen Augen führt steigende Erfahrung in Kombination mit zahlungskräftigen Sponsoren und Kameras zu Dummheiten, was vermutlich einer der Gründe ist, wieso die Szene immer wieder von furchtbaren Unfällen durchgerüttelt wird.

Technische Ausrüstung

Die richtige Ausrüstung ist beim Base Jumping überlebenswichtig. Im Laufe der Jahre hat sich die Technik stetig weiterentwickelt, um den spezifischen Anforderungen des Sports gerecht zu werden.

Zunächst einmal unterscheiden sich Base Jumping Fallschirme deutlich von denen, die von Sport-Fallschirmspringern verwendet werden. Sie sind speziell für schnelle Öffnungen und Manövrierbarkeit in Objektnähe konzipiert. Wingsuits, haben den Sport revolutioniert und ermöglichen längere Flugphasen und spektakuläre Proximity Flights (dazu später mehr) entlang von Felswänden oder durch enge Schluchten.

Sicherheitsvorkehrungen

Die Vorbereitung auf einen Sprung ist ein kritischer Prozess. Checklisten und gründliche Ausrüstungschecks sind Standard. Notfallpläne und Rettungsmaßnahmen sollten im Vorfeld besprochen und wenn möglich auch geübt werden. Men überlegt sich Landeflächen und Ausweichmöglichkeiten, falls etwas nicht wie erwartet verläuft. Automatische Aktivierungssysteme tragen beim Fallschirmspringen zur Risikominderung bei, können aber aufgrund der fehlenden Höhe und anfangs geringen Fallgeschwindigkeit in Base Gears nicht eingesetzt werden. Übrigens genauso wie der fehlende Reserveschirm, der beim Fallschirmspringen obligatorisch ist.

Kameratechnik und Dokumentation

Die Dokumentation von Sprüngen ist fester Bestandteil der Base Jumping Kultur. Dabei dienen die Aufnahmen selten nur der persönlichen Erinnerung, sondern auch der Analyse des Sprungs und der Verbreitung in der Community. Die spektakulären Videos haben zur Popularität des Sports beigetragen, werfen aber - wie bereits erwähnt - auch Fragen nach den Risiken durch den “zusätzlichen Ansporn” und nicht zuletzt die “Ablenkung vom Moment” auf.

Base Jumping Szene

Base Jumping hat eine einzigartige Kultur hervorgebracht, die von starkem Zusammenhalt, gegenseitigem Respekt und einem ausgeprägten Gemeinschaftsgefühl geprägt ist.

Die Szene wird von einigen bekannten Persönlichkeiten geprägt, die durch ihre Leistungen und ihr Engagement den Sport vorangetrieben haben. Organisationen wie die Swiss Base Association setzen sich für die Interessen der Springer ein und arbeiten an der Verbesserung der Sicherheitsstandards. Der Austausch in Foren und sozialen Netzwerken spielt eine wichtige Rolle für die Weitergabe von Wissen und Erfahrungen.

Lokale und internationale Events bieten Springern die Möglichkeit, sich zu treffen, Erfahrungen auszutauschen und gemeinsam zu springen. Diese Treffen stärken dabei nicht nur die Gemeinschaft, sondern dienen auch der kontinuierlichen Weiterbildung und Verbesserung der Fähigkeiten. Es gibt mittlerweile auch Workshops und Trainingscamps für Anfänger, welche wichtige Anlaufstellen für den sicheren Einstieg in den Sport darstellen.

Einige der bekannten Größen der Szene:

  • Jokke Sommer (Norwegen): Sommer ist einer der erfahrensten Base Jump Athleten und wurde durch sein spektakulären Proximity Flight Videos, insbesondere seiner “Dream Lines”-Videoserie berühmt, betont dabei jedoch auch immer die Wichtigkeit von Sicherheit und sorgfältiger Vorbereitung. Sein Youtube Kanal lautet: https://www.youtube.com/@JokkeSommerOfficial
  • Espen Fadnes (Norwegen): Fadnes wird zu den erfahrensten und talentiertesten Wingsuit-Piloten weltweit gezählt, war Teil des “Dream Lines” Teams und arbeitet u.a. als Stuntman und Kameramann, aber auch vor der Kamera in Dokumentarfilmen und Werbespots.
  • Jeb Corliss (USA): Er ist bekannt für seine Wingsuit-Flüge durch enge Felsspalten und waghalsige Stunts wie den Sprung vom Eiffelturm7 und einen knappen Beinahe-Unfall am Table Mountain in Südafrika. Sein Youtube Kanal lautet: https://www.youtube.com/@jebcorliss
  • Felix Baumgartner (Österreich): Der ehemalige Base Jumper erlangte internationale Bekanntheit durch seinen [Stratosphärensprung](/2012/weltrekordversuch-red-bull-stratos-projekt/} aus 38.969 Metern Höhe im Jahr 2012. Er sprang auch von Objekten wie der Christ-Statue in Rio de Janeiro.
  • Dean Potter † (USA): Der 2015 tödlich verunglückte Potter war bekannt für Base Jumps zusammen mit seinem Hund Whisper. Er starb beim Versuch, im Wingsuit durch eine Felsspalte im Yosemite Nationalpark zu fliegen.
  • Ueli Gegenschatz † (Schweiz): Der Schweizer galt als Pionier und Idol der Szene. Er sprang u.a. vom Eiffelturm und der Petronas Tower, bevor er 2009 bei einem Sprung in der Schweiz tödlich verunglückte.
  • Valery Rozov † (Russland): Rozov stellte mehrere Weltrekorde auf, u.a. für den höchsten Base Jump von 7.700 Metern vom Mount Everest. Er starb 2017 bei einem Sprung in Nepal.
  • Glenn Singleman (Australien): Singleman hält zusammen mit seiner Frau Heather Swan den Rekord für den höchsten Base Jump. Sie sprangen 2006 aus 6.604 Metern vom Mount Meru in Indien.
  • Miles Daisher (USA): Er stellte 2005 einen Rekord auf, indem er innerhalb von 24 Stunden 57 Mal von der Perrine Bridge in Idaho sprang.
  • Chris McDougall † (Australien): Der Australier war der erste, der von den Petronas Towers in Kuala Lumpur sprang. Er verunglückte 2015 tödlich bei einem Sprung in der Schweiz.
  • Alexander Polli † (Italien/Norwegen): Polli wurde durch spektakuläre Wingsuit-Flüge bekannt, bei denen er mit hoher Geschwindigkeit durch enge Felsspalten flog. Er starb 2016 bei einem Sprung in Frankreich.
  • Uli Emanuele † (Italien): Emanuele wurde durch einen Flug durch ein nur 2 Meter breites Felsloch berühmt. 2016 verunglückte er im Lauterbrunnental in der Schweiz tödlich.
  • Ludovic Woerth † (Frankreich): Woerth war mit 1000+ Wingsuit Sprüngen einer der erfahrensten Springer weltweit. 2014 sprang Woerth zusammen mit Dan Vicary und Brian Drake aus einem Helikopter über dem Lütschental in der Schweiz, bei dem es zu einem dramatischen Unfall kam, bei dem alle 3 starben.

Diese Liste zeigt leider auf, wieso die Themen Risiko † und Sicherheitsvorkehrungen so ein zentrales Thema beim Base Jumping sind.

Öffentliche Wahrnehmung

Die öffentliche Wahrnehmung des Base Jumping ist zwiespältig. Medienberichte konzentrieren sich oft auf spektakuläre Unfälle, was zu einer negativen Darstellung des Sports führt. Gleichzeitig faszinieren die atemberaubenden Bilder und Videos ein breites Publikum. Die Diskussion über die Verantwortbarkeit des Sports angesichts der hohen Risiken wird sowohl in der Öffentlichkeit als auch innerhalb der Community geführt.

In beliebten Sprunggebieten hat Base Jumping zudem einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf den lokalen Tourismus. Dabei wird immer wieder versucht, Base Jumping stark zu regulieren, was die Anhänger jedoch nicht davon abhalten kann, weiter zu springen. Daher befürworte ich eine steigende Professionalisierung und damit auch verbesserten Trainingsmethoden, welche die Sicherheit erhöhen und damit die Akzeptanz in der Bevölkerung stärken können.

Proximity Flying

Proximity Flying, auch bekannt als Proximity Wingsuit Flying, ist eine spezielle Form des Base Jumping, bei der Springer in Wingsuits (Flügelanzug) versuchen, so nah wie möglich an Objekten wie Felswänden, Bäumen oder Gebäuden vorbeizufliegen. Diese Verbindung erhöht die Risiken des ohnehin schon gefährlichen Base Jumping erheblich.

Diese Disziplin stellt die “vermeintliche Königsklasse” des Base Jumping dar und erfordert höchstes fliegerisches Können, präzise Kontrolle und mentale Stärke. Der Wingsuit ermöglicht es dem Springer, die Fallgeschwindigkeit zu reduzieren und den Gleitflug zu verlängern, was spektakuläre Flugmanöver in unmittelbarer Nähe zu Hindernissen ermöglicht.

Jedoch birgt das Proximity Flying auch enorme Gefahren. Die Nähe zu festen Objekten lässt kaum Raum für Fehler oder Korrekturen. Kleinste Ungenauigkeiten in der Flugbahn, plötzliche Windböen oder eine falsche Einschätzung der Distanz können fatale Folgen haben. Kollisionen mit Felsen oder Bäumen sind häufige Unfallursachen beim Proximity Flying.

Hinzu kommt, dass die niedrige Flughöhe oft keine Möglichkeit lässt, den Fallschirm rechtzeitig zu öffnen, sollte etwas schiefgehen. Trotz dieser Gefahren übt das Proximity Flying eine große Faszination aus, da es das ultimative Gefühl von Freiheit und Kontrolle vermittelt. Es bleibt jedoch eine Disziplin, die nur von den erfahrensten und best trainierten Base Jumpern gemeistert werden sollte.